Und da stürzt sich nun eine Jungforscherin mit viel «Entdeckerinnengeist» und methodologischer Offenheit mitten hinein – und muss einiges hinter sich lassen, was sie gelernt hat. Sie hat ihren Bachelor in Biologie gemacht, dann einen Master in Umweltnaturwissenschaften und arbeitet nun am Centre for Development and Environment (CDE) der Universität Bern. Ihr Fachgebiet heisst nun Nachhaltigkeitswissenschaft. Die Zusammenhänge sind mit den Jahren nicht einfacher geworden, aber Komplexität scheint sie nicht abzuschrecken, sondern im Gegenteil anzuziehen. Und sie hat ihre eigenen Mittel entwickelt, um mit ihr umzugehen.
In ihrer noch jungen akademischen Laufbahn hat sie schon ganz verschiedene Forschungscommunities von innen kennengelernt, von der harten quantitativen Empirie bis zur soziologisch geprägten, eher tastenden denn distanziert analysierenden Herangehensweise. Diese Synthese hat auch die Arbeit geprägt, für die sie nun ausgezeichnet wird. Sie nennt es selber das Verbinden zweier «Extreme». Einerseits Fernerkundung mithilfe hochauflösender Satellitenbilder und die entsprechende quantitative Auswertung. Und andererseits der soziologische Zugang: «Ich wollte besser verstehen, wie Landnutzung und Nutzerinnen und Nutzer zusammenhängen.» Und das lässt sich eben nicht einfach aus der Satellitenperspektive verstehen, dafür muss man zu den Menschen hin. Also hat sie in ihrem Feldaufenthalt ein grosses Team von madagassischen und Schweizer Forschern koordiniert, um fast 1200 Familien in 45 Dörfern zu interviewen und dabei die detaillierten Veränderungen der Landnutzung zu kartieren. Dadurch hat sie zeigen können, dass der in der Region praktizierte Wanderfeldbau und die damit zusammenhängenden Brandrodungen nicht zurückgehen, obwohl viele Nachhaltigkeitsmassnahmen genau darauf hinwirken. Den Grund dafür sieht sie in wirtschaftlichen Zwängen, die bis anhin gar nie im Detail studiert worden waren.
«Forschung betreiben, die wirklich zu Veränderungen beiträgt»
Sie weiss, dass sie eine spezielle Rolle als Forscherin hat, wenn sie so «nah dran» ist: Die objektive Beobachtung alleine führe für sie nicht zu den nötigen Veränderungen hin zu mehr Nachhaltigkeit, sie müsse immer mit einem normativen Zugang kombiniert werden. Wenn man in diesem Bereich arbeite, könne man also gar nicht anders als ein «engaged researcher» sein. Denn als Forscherin sieht sie sich in der Pflicht, nicht nur dem Steuerzahler, sondern «der Menschheit im Allgemeinen» gegenüber: und zwar «Forschung zu betreiben, die gesellschaftlich relevant ist und eben wirklich zu den Veränderungen beiträgt, die wir so dringend benötigen.» Sich dabei nur auf objektivierbare Beobachtungen (und entsprechend simplifizierte Lösungen) zu stützen, hält sie für den falschen Weg, auch wenn der Mythos der unabhängigen, neutralen Analystin natürlich auch Türen öffnen könne, zum Beispiel bei lokalen Regierungen. Man spürt, dass in diesem «Gebiet» nicht nur inhaltlich, sondern auch methodologisch viel passiert und das Zähringer deshalb wohl genau am richtigen Ort gelandet ist: Um die gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts anzugehen brauche es eine Neuorientierung der Wissenschaft, irgendwo zwischen harter Faktengenerierung und politischem Engagement. Dafür braucht es flexible Geister wie Zähringer, denen es sichtlich zuwider ist, in vorgefassten Schemen zu denken.